Stadt der Zukunft: Wo soll‘s denn hingehen?

Die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen, treibt uns alle um. Auf die eine oder andere Art. Wie wir unsere Zukunft gestalten, hängt wohl am meisten davon ab, wie Bremen-Nord und dessen Speckgürtel in Zukunft bebaut wird. Und es spiegelt sich in Diskussionen wider. In den Gremien genauso wie auf dem Grünmarkt.

Wohnungen, klar, die müssen her. Aber bitte nicht bei mir in der Nachbarschaft. Und schon gar nicht dort, wo es so grünt – auch wenn es vielleicht nur öde Maispflanzen sind. Etwas zugespitzt ist das die Denke, die scheinbar einige Nachbarn in Löhnhorst haben. Häuser sollen auf einem Gebiet zwischen Hauptstraße und Hammersbecker Weg entstehen. Eigentlich keine schlechte Idee für eine wachsende Gemeinde wie Schwanewede. Trotzdem lässt der Bau- und Planungsausschuss die Planungen durchfallen. Ein Novum, winken die Schwaneweder Ortspolitiker doch sonst sämtliche Planungen durch.

Aber die Zeiten haben sich geändert. Stadtentwicklung und somit auch der Bau von Häusern ist zwar schon immer ein Reizthema gewesen, doch die Menschen haben ihre Sinne geschärft. Wer entweder als Privatmensch oder als Unternehmen in Immobilien investiert, braucht feine Antennen.

Dieser Umstand schlägt sich in der medialen Berichterstattung genauso nieder wie in den Diskussionen in den sozialen Netzwerken.

Ulf Buschmann berichtet für den Nordanschlag
Gastbeitrag von
Ulf Buschmann
Quellen: DIE NORDDEUTSCHE, Das BLV, soziale Netzwerke, öffentliche Veranstaltungen

Indes: Noch vor zehn oder zwanzig Jahren waren es in der Regel Bürgerinitiativen oder einzelne Anwohner, die gegen aus ihrer Sicht völlig unangebrachte (Stadt-) Entwicklungsprojekte aufbegehrten. Heute halten auch Unternehmen dagegen – sehr zur Verwunderung der städtischen Planer und Investoren samt ihrer angeschlossenen Klientel.

Wie das funktioniert, zeigt zurzeit die Lürssen-Werft. Das Unternehmen klagt gegen die Pläne, gleich an der Weser ein Hochhaus zu bauen. Es soll, so wünscht es sich unter anderem Senatsbaudirektorin Iris Reuter, auf dem Gelände des ehemaligen Verwaltungsgebäudes des Bremer Vulkan an der Ecke Weserstraße/Schulkenstraße entstehen. Eine äußerst exponierte Lage, die sicherlich nicht günstig sein dürfte.

Jetzt kommt Lürssen ins Spiel. Das Unternehmen hat seine Anwälte mit der Prüfung der Pläne beauftragt, weil es die eigenen wirtschaftlichen Interessen gefährdet sieht. Eine nicht von der Hand zu weisende Argumentation. Schiffbau ist und bleibt trotz aller Lärmschutzmaßnahmen nun einmal eine eher laute Angelegenheit. Und das rund um die Uhr an sieben Wochentagen. Aber wer in eine teure Hochhauswohnung mit tollem Weserblick zieht, möchte nicht nachts und am Wochenende von den Werftgeräuschen gestört werden. Da ist es nur eine Frage der Zeit, wann die ersten Klagen gegen die Werft bei den Gerichten eingehen. Was von der Diskussion an die Öffentlichkeit dringt, lässt die Macher der Baubehörde und des Investors nicht wirklich gut aussehen.

Statt die Umgebung – Nachbarn und Unternehmen – mitzunehmen, regiert der Holzhammer. Scheinbar soll das Projekt auf Biegen und Brechen durchgedrückt werden. Und das nicht nur dort, auch ein Stück weiter ist es genauso: Der alte Aumunder Bahnhof, der seit Generationen das Stadtbild prägt, soll den Erweiterungsplänen eines Verbrauchermarktes geopfert werden. Doch im Gegensatz zum Hochhaus an der Weser dürfte in Sachen Bahnhof das letzte Wort gesprochen sein, die Genehmigung zum Abriss des Gebäudes liegt laut Medien inzwischen vor. Schade eigentlich.

Immerhin: Viel zu besprechen gibt es in Blumenthal. Der Stadtteil verfügt mit dem ehemaligen Betriebsgelände der Bremer Woll-Kämmerei (BWK) nicht nur über eine der größten Entwicklungsflächen der Stadt, sondern auch über eine der interessantesten.

Auf dem BWK-Gelände ist alles möglich. Die Ideen reichen von klassischer Industrieansiedlung, über eine Denkfabrik für Kreative bis hin zu einem neuen Berufsschul-Campus, wie ihn schon vor Monaten Blumenthals Ortsamtsleiter ins Spiel gebracht hat.

Dass in diesem Gelände mit seiner wechselvollen Geschichte viel Potenzial steckt, zeigen die dortigen Veranstaltungen: Seit zwei Jahren gibt es einen Ableger des Straßenkultur-Festivals „La Strada“, erst Mitte September ging dort die erste Messe für Elektromobilität über die Bühne und die Führungen des Fördervereins Kämmereimuseum ziehen regelmäßig hunderte von Besuchern an. Dabei findet dort – eher nebenbei und ganz im Stillen – Industrie und Handel statt.

Aus der BWK wurden das Bremer Wollhandelskontor und die BWK Chemiefaser GmbH ausgegründet. Und dann sind da noch das Ersatzbrennstoff-Heizkraftwerk Blumenthal, die Eindampfanlage für Abwasser und wasserhaltige Abfälle, die Hochtemperatur-Verbrennungsanlage für flüssige Abfälle und eine biologische Kläranlage.

Sie gehören als ehemalige BWK-Betriebsteile heute zur BREWA. Auch Hightech und hochspezialisiertes Handwerk finden sich in Blumenthal.

Was hingegen völlig fehlt, ist eine Diskussion über das Areal.

Ideenwettbewerbe? Fehlanzeige.

Dabei steht nicht nur dort die Frage im Raum, die wohl die meisten Menschen bewegt: „Wie wollen wir in Zukunft leben?“