„Hast du gewonnen?“, ist die Frage, die vielen Hobbysportlern oft nach Wettkämpfen gestellt wird. Dabei ist genau diese Frage diejenige, die für den Sportler am wenigsten eine Rolle spielt. Wettkämpfe zu gewinnen, ist etwas für junge, ambitionierte Leute, die in ihren Sportarten große Ziele anstreben. Für Altersathleten sind Siege, wenn sie denn in ganz seltenen Fällen einmal passieren, maximal ein kleines Sahnehäubchen auf eine ohnehin schon beachtenswerte Leistung.
Der Weg ist das Ziel. Nichts ist für Freizeitsportler zutreffender, als diese oft gebrauchte und dennoch sehr inhaltsschwere Aussage.

Wer sich schon einmal auf einen Marathon oder eine andere Ausdauersportveranstaltung vorbereitet hat, weiß worüber ich spreche. Irgendwann, nach harten Trainingsmonaten mit tausenden anderen Freizeitsportlern an der Startlinie zu stehen, ist ein großartiges Gefühl. Der süße Schmerz des Zieleinlaufes ist die Antwort auf alle Fragen.
Erst dann, wenn es geschafft ist, werden alle Zweifel über Bord geworfen, sind die psychischen und physischen Schmerzen vergessen und die Gedanken an lange, harte Trainingseinheiten nur noch nebulöse Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit.
Ein Zieleinlauf verändert alles, egal ob erfolgreich oder weniger erfolgreich. Ein Zieleinlauf macht dich automatisch zum Sieger. Dabei spielt keine Rolle, wie viele andere Sportler noch um dich herumwuseln, ob die schneller oder langsamer waren, es ist uninteressant, ob auf deiner Urkunde Platz 1 oder 14234 steht.
Es ist die Liebe zum Sport und die Überwindung der eigenen Schwächen, die dich zum wahren Sieger macht.

„Hast du gewonnen?“
Ja, kann jeder Freizeitsportler selbstbewusst antworten. Ich habe meine Ziele erreicht, meinen inneren Schweinehund mehr als nur einmal besiegt, habe den Umständen getrotzt und den Mut aufgebracht, mich an eine Startlinie vor großes Publikum zu stellen.
Es ist schön, die Freude über das Erreichte mit anderen Menschen zu teilen, sich auf die Schulter klopfen zu lassen, sich kurzzeitig in der Anerkennung der Freunde zu sonnen.
Ganz bestimmt ist das auch ein Teil des Lohnes, der uns nach einem Wettkampf erwartet. Schließlich streben wir nach keinen Olympia-Medaillen, auch nicht nach Geld oder hochdotierten Werbeverträgen.

Die Freizeitsportler sind die wahren Helden der Sportszene, betreiben sie ihren Sport doch intrinsisch motiviert, (meist) frei von stimulierenden Mitteln und fast immer selbstbestimmt.
Wir zahlen und leben für unseren Sport, bauen ihn zwischen Familie und Beruf, alles auch mit dem Wissen, dass wir mehr oder weniger talentfrei durch die Gegend hüpfen.
Ob Läufer, Radsportler, Schwimmer oder Triathlet: Wir alle sind ein klein wenig narziestisch und doch auch ganz besonders.
Wir suchen die Gemeinschaft mit Gleichgesinnten und oft auch den Sinn eines alternativen Lebens.
Manchmal laufen wir auch vor etwas weg, meist aber auf etwas zu.
Für Außenstehende ist das nicht einfach zu verstehen. Schnell wird pauschalisiert und verurteilt.

Auch weil wir das erdulden, sind wir alle Sieger!

Udo Schmidt