Ich wollte schon immer wissen: Wie ist eigentlich …

Ah, hier atmet man Geschichte. Idyllisch im Künstlerdorf gelegen, bietet es mittlerweile seit Jahrhunderten ein Dach und Zerstreuung für jeden Geschmack. Aus 1750 soll der Giebel stammen und hat seit dem viel erlebt und gesehen. Um 1870 kaufte ein umtriebiger Brauer und Brenner das Anwesen und plante zur Verbesserung seines Absatzes den Veranstaltungssaal. Von Ringkampfwetten, Bällen, Theateraufführungen, Konzerten, Hellsehen, Tierschauen – dann auch Parteiversammlungen und Gerichtsverhandlungen, danach Gottesdienste und Basketball – jetzt wieder reine Kulturstätte, hat dieser Ort es und sie überdauert.

Aber, wie viele andere Angebote auch, verdanken wir dieses Kleinod nur der Initiative vieler Menschen, die mit Geld und/oder Schweiß und Zeit sich diesem verschrieben haben. An dieser Stelle sei allen, die sich angesprochen fühlen, gedankt. Genauso vielfältig und engagiert präsentierte sich das Ensemble auf der Bühne. Alte Helden des Dub, Jazz, Soul, Trip Hop, Latin, Drum and Bass, Ambient, Rn’B, Turntablism oder kurz – Destination Future Jazz. Das ist der Rhythmus, wo man mit muss, da tanz ich erstmal drüber nach. In einer kleinen Verschnaufpause blicke ich mich um, unglaublich, einige wenige stehen still. Nun gut, wenn die Braut nicht tanzen will, ist alles Fiedeln umsonst.

Hier stimmt auf jeden Fall das Gesamtpaket. Die Location ist trotz ihrer überraschenden

Größe sehr heimelig und gespickt mit Trophäen, Andenken und Kuriositäten. Mit viel Herzblut und Verstand sind alte Kulisse und neue Technik eine tadellose Symbiose eingegangen. Der Sound ist ein Genuss. Bei dieser besonderen Gelegenheit ein Glücksfall, die Vocal Artists haben eine Menge zu bieten und wandern scheinbar mühelos durch die Genres. Jazz, Funk, Scat – dabei immer in Bewegung und in Kommunikation mit dem begeisterten Publikum, erzeugen sie eine Atmosphäre, die einem das Gefühl gibt, genau am richtigen Ort zu sein und alle, die es nicht sind, für ihr Leben etwas verpassen.

Begleitet werden die Goldkehlchen von einer Schar musiklebender Profis. Alles fügt sich ineinander, Improvisation funktioniert. Man merkt, es gibt die Band seit über 20 Jahren, dass alles genau so läuft, wie es soll. Alle wirken mit ihrem „Baby“ glücklich. Haben sie es doch gezeugt, geprägt und versorgt, damit es am Leben bleibt. From Heidelberg to Hollywood. Jeder, der selbst musiziert, oder Musizierende in seinem Umfeld hat, weiß, wie beschwerlich und steinig der Weg vom Hobby zum Beruf ist und wie viele Jahre/Jahrzehnte es dauern kann, bis man seine eigene Musik im Radio hört. Bei manchen klappt es nie, einigen haftet wenigstens das One-Hit-Wonder an, die meisten kehren ohne Momente des Fame an Schreibtische und Baustellen zurück.

Ein paar kurze Soli, nur zur Vorstellung der Menschen hinter den Instrumenten. Ich mag ja keine Soli – mochte ich noch nie. Am allerschlimmsten, für mich, Gitarrensoli – liegt aber vielleicht auch daran, dass ich in der Scene, die diese praktiziert, musikalisch nicht zuhause bin. Da diese Combo gar keine Gitarre auf der Bühne hat, steht für mich nichts zu befürchten. Nur schöne warme Geräusche von Synthesizer, Saxophon, Flöte und Soundbastler, dazu tight Beats vom Schlagzeug.

Ihr merkt, wir steuern auf eine tadellose Bewertung zu. Normalerweise ziehe ich was ab, aber nach dem abschließenden Toilettengang, überraschend schön sanierte Räume und Installationen (geile Bodenfliesen, Alter!), würde ich mich schäbig fühlen. Danke, für den gelungenen Abend, wir sehen uns bald wieder!

Gauch von Hold