Ich wollte schon immer wissen: Wie ist eigentlich …

Diesmal also Kultur. Ja nu, warum nicht. Kann nicht schaden und tut auch nicht weh, hoffe ich. Also verlasse ich mein Barrio in Richtung Überseestadt, um meinen Horizont zu erweitern. Da die angepriesene Reise weiter zurück als nur in meine Kindheit führen soll, habe ich die Mutti im Gepäck, eine echte Zeitzeugin und somit vom Fach. Im Schmelztiegel der Unterhaltungsecke für vielerlei Bedarf geht es in den kleinen Innenhof, die Außentreppe hoch, an den Ort des Geschehens.

Wir werden nett in Empfang genommen und statten uns mit Getränken aus. Dann betreten wir den Vorführraum. Man merkt sofort, dass hier viel Eigeninitiative und Herzblut drin steckt. Vermutlich war das hier mal ein Tagungsraum oder Ähnliches. Nun beherbergt er die Stuhlreihen, eine Bühne und die Technik. Es füllt sich stetig, das Publikum ist gemischt und überwiegend in der zweiten Lebenshälfte angekommen. Auf dem grauen Nadelfilz wirkt das ganze noch wie eine Elternveranstaltung in der Schule. Dann geht es los. Der rote Vorhang öffnet sich und wir werden von einem vertrauten „Moinsen“ begrüßt. Die Revue wird von zwei Damen mit einer knackigen Rocknummer eröffnet – ich bin verwirrt, soll der Abend doch ganz im Zeichen des Schlagers stehen. „Sehr gut“, denke ich, „diese Schlagerfreunde dürfen auch andere Götter verehren, keine verbissene Ausschließlichkeit“.

Auftritt des dritten Mitwirkenden, eine echte Erscheinung, schnuckelige Rolle, weiter geht’s. Insgesamt, bis jetzt, alles sehr amüsant und unterhaltsam, auch wenn ich nicht zur Zielgruppe des Schlagermove gehöre. Die Jahrzehnte der dargebotenen Klassiker liegen weit zurück. Das hat nichts von der modernen Atemlosigkeit. Das ist eher Bowleschüssel, Käseigel, Silberzwiebeln und großgemusterte Tapete. Da kam die Musik, die die elterlichen Partys beschallte, noch vom Tonband. „Aha, aha, du bist so heiß wie ein Vulkan…“.

Eine Gruppe Damen in der vorderen Reihe ist textsicher und singt laut mit, viele klatschen mit, alle wippen mit. Die Lieder führen durch die Geschichte der Protagonisten, somit ist der Tatbestand einer Revue erfüllt. Da sollen nämlich die einzelnen Darbietungen durch eine lose Rahmenhandlung zusammengehalten werden. Ich schaue nach rechts und sehe, dass meine mitgeführte Expertin ebenfalls vom Programm abgeholt wird. Gut. Nach einem Potpourri an Kurzweiligkeit geht es in eine kurze Pause.

Ein Nebelhorn trötet und ruft uns zurück auf unsere Plätze. Der zweite Teil ist gespickt mit Sequenzen vergangener Familien-Samstagabend-Unterhaltung. Alle sitzen gebadet vor der Kiste und freuen sich auf einen bunten Abend. Ich bin der Meinung, das war spitze! Zwischendurch immer wieder Musik, die wahrscheinlich zuletzt von Ilja Richter angesagt wurde. Der Moderator hat das Hape-Kerkeling-Timbre in der Stimme und führt, ganz Entertainer, durch den Abend. Es wird auch gruppendynamisch, da das Publikum die Kandidaten stellt. Alles ganz süß und harmlos, alle haben Spaß. Meine Begleitung erkennt jede Show an den ersten Noten der Einspieler. Tja, manche Sachen vergisst man halt nie.

Fazit: Eine Reise wert. Die Darsteller sind überzeugend, gesanglich geschult und charmant uneitel. Die Frage „Wann wird`s mal wieder richtig Sommer“, kam mir nach diesem zwar absurd vor, aber könnte schon im nächsten Jahr wieder zu den meistgefragten gehören.

Mutti hat es auch gefallen. Vier von fünf Sternen vergeben!

Gauch von Hold