Experten-Wissen aktuell:

Hauskauf. Marderbefall als Sachmangel

Die Freude des privaten Hauskäufers oder des Kapitalanlegers nach Abschluss eines notariellen Kaufvertrags über eine Immobilie wird durch eine negative Überraschung überschattet, sobald sich nach Übergabe der Immobilie herausstellt, dass die Immobilie an einem erheblichen Übel krankt: akuter Marderbefall. Poltern im Dachboden in der Nacht und Verwesungs-und Kotgeruch verdichten sich zu der Gewissheit, dass ein oder mehrere Marder im Haus leben. Leider hat der Verkäufer der Immobilie hierüber keine Mitteilung gemacht. Ist ein Marderbefall ein Sachmangel, der gegenüber dem Verkäufer gerügt werden kann? Ja, sagt das Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 13.02.2017, Az.:I-22 U 104/16. Der Verkäufer muss dar- über aufklären, dass ein Marder im Haus ist. Nur wenn der Marderbefall längere Zeit zurückliegt, entfällt diese Aufklärungspfl icht, beispielsweise länger als 6 Jahre. Für diese Fälle ist auf das kaufvertragliche Gewährleistungs- recht zurückzugreifen, das die Möglichkeit zu Minderung, Schadensersatz und/oder Rücktritt vom Kaufvertrag gibt. Das erste rechtliche Hindernis ist der oft im Notarkaufvertrag vereinbarte Gewährleistungsausschluss, der im Fall eines Verkäufers, der Verbraucher ist, wirksam vereinbart werden kann. Darauf kann sich der Verkäufer aber nicht gemäß § 444 BGB berufen, wenn er den Käufer nicht über den Marderbefall aufklärt, obwohl er von dem Marder Kenntnis hat. Diese Kenntnis muss allerdings der Käufer beweisen, beispielsweise indem Nachbarn bezeugen können, dass der Verkäufer über den Marder geklagt hat oder weil ein Lautsprecher im Dachboden zurückgelassen wurde. Der Lautsprecher wird oft als Vertreibungsmittel benutzt. Ein Schaden am Gebäude wie zerfressene Dämmung und dadurch erhöhter Energiebedarf, Feuchtigkeitseintritt etc. muss noch nicht ein- getreten sein. Ob ein Schaden bereits vorliegt und wie hoch die Kosten der Schadensbeseitigung sind, ist durch ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren, durch einen vom Gericht bestellten Gutachter zu klären. Die Kosten dieses selbstständigen Beweisverfahren trägt ein zum Zeitpunkt des Kaufs bereits wirksamer Rechtsschutzversicherungsschutz. Zudem hemmt die Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens die Ver- jährung der Gewährleistungsrechte des Käufers. Die Verjährung beträgt regelmäßig drei Jahre, beginnend mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Käufer Kenntnis vom Schaden und vom Schädiger hat. Bei Neubauten vom Bauträger beträgt die Frist 5 Jahre. Daher ist Prävention der beste Schutz: vor dem Kauf den Verkäufer gezielt nach Marderbefall zu befragen und den Dachboden nach Spuren zu untersuchen.

Erstellt von Rechtsanwalt Uwe Piehl, Kanzlei für Immobilien- und Mietrecht