Experten-Wissen aktuell: Haftung des Bauträgers einer Eigentumswohnung?

Der Kaufvertrag einer Neubaueigentumswohnung vom Bauträger ist notariell beurkundet.

Der Bauträger hat das Grundstück vorher gekauft und in Wohnungseigentum oder teilweise Teileigentum (Büronutzung) aufgeteilt und in der Teilungserklärung einen konkreten Verwalter für die Laufzeit von fünf Jahren bestimmt und sich die Versorgung der Wohnungsgemeinschaft mit Energie aus einer Photovoltaikanlage bzw. Wärme-Rückkopplung festschreiben lassen. Der Hauswirtschaftsraum mit den Energieanschlüssen steht im Sondernutzungsrecht des Bauträgers, der selbst 3 Büroeinheiten zu Eigentum behält und somit mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile in der Hand hat.

Einige Wohnungseigentümer haben die Eigentumswohnung vollständig bezahlt, andere Wohnungseigentümer sind zwar durch eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch gesichert, haben aber bei Übergabe Mängel gerügt und den Kaufpreis nicht vollständig bezahlt (fehlendes Gefälle auf dem Balkon/Loggia; fehlender Abfluss, Balkon läuft bei Starkregen voll). Diese Käufer haben in Höhe der Mängelbeseitigungskosten von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht und zahlen die Stromkosten nicht und sind daher noch nicht als Eigentümer im Wohnungsgrundbuch eingetragen.

Haben diese Käufer Teilnahme- und Stimmrecht in der ersten Wohnungseigentümerversammlung? Können diese Käufer Beschlüsse beim Amtsgericht anfechten und sind klagebefugt? Was ist den Wohnungseigentümern wegen der Mängel zu raten? Darf der Bauträger/Mehrheitseigentümer wegen des rückständigen Kaufpreises oder Hausgelds den Strom abstellen, weil er technisch die Möglichkeit dazu hat?

Zunächst haben die Käufer, auch wenn diese noch nicht im Wohnungsgrundbuch eingetragen sind, als sog.“werdende“ Wohnungseigentümer Mitwirkungsrechte, insbesondere ein Stimmrecht, Einladungsrecht sowie ein Beschlussanfechtungsrecht, vgl. BGH, vom 11.Mai 2012, V ZR 196/11.

Das gilt selbst dann, wenn einige Wohnungseigentümer im Wohnungsgrundbuch eingetreten sind, andere hingegen noch nicht, weil diese Käufer wegen Mängeln den Kaufpreis nicht vollständig bezahlt haben. Denn die Wohnungseigentümergemeinschaft setzt sich dann für eine Übergangszeit aus Volleigentümern und den übrigen Mitgliedern der werdenden Gemeinschaft zusammen, vgl. BGH, vom 11.Mai 2012.

Die Käufer sollten wegen der Mängel ein sog. selbstständiges Beweissicherungsverfahren bei Gericht beantragen, das einen Gutachter gerichtlich zur Feststellung des Schadens und der Höhe beauftragt.

Gegen die Stromsperre durch den Bauträger/Mehrheitseigentümer ist eine einstweilige Verfügung zu erwirken; denn dieser darf nicht eigenmächtig den Strom sperren, nur weil er technisch dazu in der Lage ist, vgl. Amtsgericht Bremen, Az.6 C 124/19.

Erstellt von Rechtsanwalt Uwe Piehl, Kanzlei für Immobilien- und Mietrecht