Wie es eine Geschichte über Sexspielzeug nicht ins Lokale schafft

Es gibt Kartenspiele, Dessous und saugende Klitorisstimulatoren. Und natürlich die Klassiker: Vibratoren, Dildos, Massageöle. Wer das haben möchte, kauft gewöhnlich im Sexshop ein. Oder auch bei Jasmin Burfeind. Auf Facebook ist die Hambergerin als Jasmin Pepper  unterwegs. Wie bitte? Eine Frau vom Land preist Produkte für den richtigen Bums im Bett im wohl bekanntesten sozialen Netzwerk der Welt an?

Das könnte eine wirklich nette Geschichte fürs Lokale sein. Schließlich sind wir Journalisten stets auf der Suche nach außergewöhnlichen Themen. Und wenn die zuständige Lokalredaktion auf der Suche nach dem was hier und da „Leuchtturm“ genannt wird, auch noch zugreifen: Umso besser! Warum also nicht einmal mit Jasmin Burfeind locker über ferngesteuerte, akkubetriebene Auflegevibratoren mit Penisringen, Peitschen, Paarspielzeuge und Co. reden?

Für die Leute, die sich dafür interessieren organisiert die Hambergerin sogenannte Pepperparties-Partys. „PepperParties“ ist der Name des Unternehmens.  „Die Partys gibt es schon seit 2005“, sagt Jasmin Burfeind. Dann sind da noch ihre drei Pepper-Töchter Chantal, Farina und Katrin. Sie mischen in diesem Konzert ebenfalls mit. Vier Mal Pepper sozusagen.

Überforderte Leser!?

Jedoch: Das Thema in den hiesigen Medien unterzubringen, erweist sich als unmöglich. Die zuständige Redakteurin rümpft bei diesem Angebot nicht nur im übertragenen Sinne die Nase. Nein, meint sie sinngemäß, so etwas könne sie nicht machen. Das sei ja wie eine Tupperparty, und deshalb zu werblich. Dann wollten alle in die Zeitung, die so etwas veranstalten. Der Verweis auf die Person dahinter dringt nicht durch.

Schade eigentlich, dabei leben wir doch seit dem Jahr 1968 in aufgeklärten Zeiten. Tabus? Nö, die gibt es nicht mehr – fast zumindest. Aber der geneigte Journalist hat Glück. Zumindest scheint es so. Denn der andere Auftraggeber aus der Region plant gerade sein Magazin, das vornehmlich Frauen ab Mitte 40 ansprechen soll. Super, genau die richtige Kernzielgruppe für das Thema, denkt sich der Schreibende.

Veganes Einführen und Essen

Aber auch hier: Der zuständige Redakteur muss erst einmal Luft holen. Es folgt eine Pause am Telefon. Dann entfleucht dem Kollegen ein gepresstes „Nee!“. Er ist der Überzeugung, dass die zuständige Person der Geschäftsleitung so etwas garantiert nicht durchgehen lassen würde. Dabei ist solch eine Geschichte durchaus lehrreich. Denn Sexspielzeug heute hat nichts mehr mit dem aus der Zeit zu tun, als ich Menschen ein neutrales Paket nach Hause schicken ließen. „Alles was eingeführt und gegessen werden kann, ist bio und vegan“, betont Jasmin Burfeind.

Paarberatung im Programm

Dass sich die Medien in der Region nicht ans Thema trauen: Geschenkt! Jasmin Burfeind, im Hauptberuf Hauswirtschafterin eines großen landwirtschaftlichen Betriebes, erzählt trotzdem von ihrer nicht so ganz gewöhnlichen Nebentätigkeit. Eigentlich ist ein Treffen inklusive Anschauungsunterricht geplant. Aber das klappt wegen der Beschränkungen durch das Corona-Virus nicht. Glücklicherweise gibt es leistungsfähige Software – also wird aus der Aufklärungsstunde der besonderen Art eine Videokonferenz .

Die 34-Jährige spricht ganz offen über das, was sie da im Programm hat. Die Plakate des Unternehmen, mit denen sie wirbt, versprechen vor allem Interessantes fürs weibliche Geschlecht. Weit gefehlt! „Das sind nicht nur reine Frauenpartys“, sagt Jasmin Burfeind. Und: „Wir machen sogar Paarberatung. Logisch, dass zu den Party auch die Männer mitkommen dürfen.

Das sexuelle Erlebnis ausleben

Bei solch einem Thema stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Zielgruppe. Die grenzt Jasmin Burfeind zwischen 30 und 50 Jahre ein. Die älteste Teilnehmerin an einer ihrer Pepperpartys sei bislang 81, die jüngste 24 Jahre alt gewesen. Dass sich entgegen weit verbreiteter Klischees vor allem Jüngere für Sexspielszeug interessieren, verneint die (S)Expertin. Ältere Frauen wüssten, was sie wollten und sie wüssten, mit den kleinen und großen Schätzen umzugehen. Und: „Sie leben das sexuelle Erlebnis besser aus.“

Und die Reaktionen der Leute? Ganz viele seien ganz neugierig, weiß Jasmin Burfeind. Allerdings gebe es durchaus einen Unterschied zwischen Stadtmenschen und jenen vom Land. Stadtmenschen wüssten genau, was sie haben möchten: „Die vom Land lassen sich alles ganz genau erklären.“ Um etwa die Funktionsweise eines Vibrators zu erklären, bemüht Jasmin Burfeind  die Alltagspraxis: „Wenn Dein Schneebesen kaputt ist, kannst Du Deine Sahne auch steif stoßen.“

Sanft auspeitschen

Weniger bekannt ist zumindest in der Allgemeinheit der Flogger. Der was? Jasmin Burfeind lacht herzhaft. Es sei die Peitsche mit 47 Enden. Aber ihre Benutzung tut nicht weh, im Gegenteil: Wo die Enden auf die Haut treffen, wird sie sensibler. Soll heißen: Der Mensch spürt mehr, auch sexuell.

Jasmin Burfeind greift nach hinten zu ihrem ordentlich aufgebauten Sortiment und hält eines ihrer Paarspielzeuge in die Kamera. Name: Das Traumpaar. Das Teil sieht aus wie ein Hufeisen mit dünnem und dickem Ende. Letzteres wird in die Vagina eingeführt, das dünne Ende stimuliert die Klitoris. Der Clou: Für den Penis ist in der Vagina auch noch Platz. Eine ihrer Kundinnen benutze ihn das Traumpaar gerne beim Fahrradfahren, verrät die Spielzeug-Expertin.

Beliebt ist laut Jasmin Burfeind auch „You & Me“: Was so poetisch klingt, ist eine Kombination von Auflagenvibrator für sie und einem Penisring für ihn. „Der Auflagenvibrator ist gleichzeitig die Fernbedienung für den Penisring“, meint Jasmin Burfeind schmunzelnd, „der Motor liegt auf dem Hoden.“

So gut, so lehrreich. Schade, dass sich dieses Wissen nicht so weit teilen lässt, wie es möglich ist. Mal sehen, in welchem Jahrzehnt das bei den Lokalredaktionen so hineinrutscht – in den Alltag.

Ulf Buschmann – Journalist